AO Hostel - Foto: Ch. Eckelt

Rein baurechtlich zulässig – A&O Hostel will Bettenzahl erweitern

LETZTE ÄNDERUNG am Montag 12. August 2024 17:40 durch BV LuiseNord


Das größte Hotel Deutschlands, manche sagen auch das größte Hotel Europas, ist das “Estrel” in Neukölln. Es verfügt laut Wikipedia über 1.125 Zimmer mit mehr als 2.000 Betten.

Mit 1500 Übernachtungsplätzen kommt das A&O-Hostel in der Köpenicker Straße dem Estrel aber schon ganz schön nahe. Geht es nach dem Willen der Betreiberfirma, soll die Zahl sogar noch weiter steigen. Denn die A&O Hostel GmbH & Co KG ist ein expandierendes Unternehmen.

Dieser Beitrag erschien als Artikel in der aktuellen Ausgabe der Stadtteilzeitung „ecke köpenicker. Siehe Download-Link unten
Dieser Beitrag erschien als Artikel in der aktuellen Ausgabe der Stadtteilzeitung „ecke köpenicker. Siehe Download-Link unten

Im Jahr 2000 wurde das erste Hostel in der Boxhagener Straße in Friedrichshain eröffnet, 2002 kam ein Hostel am Bahnhof Zoo hinzu (inzwischen ist das Gebäude in der Joachimsthaler Straße abgerissen) und 2004 öffnete das “A&O-Hostel Berlin-Mitte” in der Köpenicker Straße.

Derzeit gibt es 40 A&O-Hostels in 25 Städten und neun europäischen Ländern, davon vier in Berlin (neben den beiden aufgeführten auch noch eines am Hauptbahnhof und eines in Hohenschönhausen). Die Verwaltung des Unternehmens wurde bislang von der Köpenicker Straße aus betrieben, die räumlichen Kapazitäten hier reichen aber nicht mehr aus.

Verwaltung raus – Betten rein

Die Verwaltung soll deshalb umziehen, die freiwerdenden Räume plant das Unternehmen in die typischen Mehrbettzimmer mit jeweils 4 bis 8 Betten umzubauen.

Doch der Bezirk verweigerte dazu bislang die Baugenehmigung. Denn die Belastung für die Umgebung ist jetzt schon enorm. So führt der Reisebusverkehr auf der Köpenicker und der Adalbertstraße regelmäßig zu Verkehrsproblemen, zudem ist die Lärmbelästigung, die vom Hostelbetrieb und seinen Gästen ausgeht, für ein Wohngebiet eigentlich zu hoch.

Die Richterin hielt das für hinnehmbar

Das vom Hostelbetreiber angerufene Verwaltungsgericht sah das freilich etwas anders. Bei einem Vor-Ort-Termin befand das Gericht die Verkehrsbeeinträchtigungen für noch verträglich, weil sie nur vorübergehend aufträten. Die Reisebusse fahren das Hostel nämlich in der Regel nur morgens und abends an (also im Berufsverkehr) und nicht den ganzen Tag über. Die Richterin hielt das für hinnehmbar.

Nach den Sommerferien eröffnet jedoch direkt nebenan die neue Grundschule in der Adalbertstraße, dann bringen morgens und nachmittags auch noch die Eltern ihre Sprösslinge in die neue Compartmentschule – oftmals wohl auch von weiter her per “Elterntaxi”. Die Konfliktsituation wird sich also verschärfen, die Proteste sind bereits absehbar.

Lärm, Schall und das Alltagsgeräusch

Hinsichtlich der Lärmbelästigung muss das Hostel jetzt ein Lärmgutachten bei einem vereidigten Gutachter in Auftrag geben und gegebenenfalls Umbauten im Haus vornehmen. Das klingt zwar recht einleuchtend, kann aber in der Praxis zu widersprüchlichen Ergebnissen führen. Denn “Lärm” im Sinne der Lärmschutzverordnung ist nicht schlichtweg der Schall, der an das Ohr der Nachbarinnen und Nachbarn dringt.

“Normaler” Verkehrslärm gehört nicht dazu, auch der Schall, der von Menschengruppen ausgeht, ist im juristischen Sinn nur Alltagsgeräusch und kein Lärm. Da das Hostel von vielen Schulklassen genutzt wird, die ihre Klassenfahrt in die Bundeshauptstadt machen, machen diese Alltagsgeräusche freilich einen Großteil des Geräuschpegels aus, der die Nachbarschaft tagsüber und nachts stört.

Paradoxerweise würden deshalb dauerhaft verschlossene Fenster an der Straßenfront den juristisch relevanten Lärm nicht vermindern, sondern im Gegenteil sogar noch erhöhen. Denn die Schreie der sozial interagierenden Pubertierenden im Hostel zählen ja nicht, dafür aber sehr wohl das Rauschen der Ventilatoren der Belüftungsanlage auf dem Dach, die der Betreiber einbauen müsste.

Sanierungsziele schützen bald nicht mehr

Baurechtlich darf das Hostel seine Kapazität erweitern, insofern es dabei den Anweisungen des Lärmschutzgutachtens folgt. Allerdings braucht es im Sanierungsgebiet Nördliche Luisenstadt zusätzlich auch eine sanierungsrechtliche Genehmigung, die der Bezirk definitiv nicht erteilen wird, weil eine Erweiterung den Sanierungszielen widerspricht.

Der Haken: Im Jahr 2026 läuft das Sanierungsrecht aus, falls der Senat das Sanierungsgebiet nicht doch noch verlängert.

Ab 2026 wird das A&O-Hostel also erweitern dürfen. An das “Estrel” in Neukölln wird es dennoch nicht herankommen. Denn insgesamt käme das “A&O Hostel Berlin-Mitte” dann auf rund 1.750 Betten.

Am Estrel aber entsteht gerade der neue, 45-stöckige “Estrel-Tower” mit zusätzlichen 525 Zimmern. Die Hotelanlage wird dann über ca. 3.000 Betten verfügen.

Quelle: cs in der „ecke köpenicker No 3 Juni Juli 2024“

Foto oben: Ch. Eckelt

Mehr “Hostel” hier in unserem Blog


ecke koepenicker No 3 2024 Juni Juli
ecke köpenicker No 3 2024 Juni Juli – Herunterladen
Alle „ecken“ seit der Erstausgabe hier in unserem Blog

Und es gibt weitere „ecken“ in anderen Mitte-Sanierungsgebieten


Ein Gedanke zu „Rein baurechtlich zulässig – A&O Hostel will Bettenzahl erweitern“

  1. Benannte Reisebusse parken dann gerne auch in der Rungestraße (am Bärenzwinger). Obwohl das angrenzende Märkische Museum für die nächsten Jahre geschlossen hat, hat sich dieser Busparkplatz leider als “Geheimtipp” bei den Hotels und sogar des Bundestags (!) herumgesprochen mit allen negativen Begleiterscheinungen.

Hier kannst du gern kommentieren. Der Spamfilter ist allerdings scharf gestellt!

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.