LETZTE ÄNDERUNG am Montag 18. November 2024 03:02 durch BV LuiseNord
Seit über 700 Jahren ist der Bär das Wappentier von Berlin. Ursprünglich mit dem Märkischen Adler verbunden, ist er schon für das Jahr 1280 nachweisbar. Damit beginnt die Berliner Bärentradition, die bis in unsere Gegenwart reicht. Inwieweit der Name Berlins mit dem des Bären zusammenhängt, sei dahingestellt.
Erstaunlich ist aber, dass Städte mit dem Namensbeginn „ber*“ wie Bernburg, Bern und Bernau auch einen Bären in ihren Wappen führen.
Volker Hobrack erzählt uns die ganze Geschichte bis zum heutigen, traurigen Ende, das noch nicht zu Ende ist.
Das heutige Bauwerk des Bärenzwingers hat gegenüber der jahrhundertelangen Geschichte des Berliner Bären als Siegel- und Wappentier nur eine kurze Lebensgeschichte.
Historisches
Es geht auf einen Bürgervorschlag zurück, der 1937 an die „B.Z. am Mittag“ gerichtet war. Man wollte etwas Lebendiges. Bärenkunst in Form von Skulpturen und Denkmalen gab es sehr viele in der Stadt, wie z. B. den Bären am Turm des Roten Rathauses oder die Bärenplastiken am Märkischen Museum oder die Bärenköpfe an Berliner Brücken u. a..
Die Initiative eines Briefschreibers an die Zeitung war der Anlass für den Bau eines Zwingers. Es sollte ein richtiger lebendiger, brummender Bär zu sehen sein, dem man Zucker geben kann und der die großen Pfoten durch die Stäbe steckt.
Die damalige braun durchfärbte Stadtverwaltung nahm diesen Vorschlag gern auf und es wurde nach einem geeigneten Standort gesucht.
Alles sah nach einer unpolitischen Aktion mit Bürgerbeteiligung aus und lenkte von den verbrecherischen Zielen und Aktivitäten der Nazidiktatoren in anderen Lebensbereichen ab. Die Grünanlage am Märkischen Museum sollte umgebaut werden und bot sich als geeigneter Platz an.
Die Stadt Bern schenkte Berlin zur 700-Jahrfeier einen Bären und der Zeitungsverlag vorher auch einen. Im August 1939 erfolgte dann die Einweihung des Bärenzwingers.
Die Presseberichte über dieses Ereignis sprechen von begeisterten Berlinern. Ein paar Tage später wurde vom „Zurückschießen“ an der polnischen Grenze berichtet.
Im Krieg wurde der Bärenzwinger teilweise zerstört und die Tiere in den Zoo gebracht. 1949 regte erneut ein Leserbrief an, dass der Stadt Bären geschenkt werden könnten.
Wieder kamen sie aus Bern und noch im selben Jahr wurde durch den Ostberliner Oberbürgermeister der Bärenzwinger wieder eröffnet. Die Tradition wurde durch Namensgebungen und Bärentaufen fortgesetzt. Nante und Jette waren die ersten bekannten Namen.
Auch in den späteren Jahren suchte man immer unter Beteiligung der Öffentlichkeit nach neuen Bärennamen (Fakten zusammengetragen aus „Der Berliner Bär“ von D. W. Unger, 2000).
1994 wurde der Verein „Berliner Bärenfreunde“ gegründet. Das Interesse war zu diesem Zeitpunkt sehr groß und der Vorstand unter Bernd Unger (Gedenktafel von 2009 am Eingang) machte es sich zur Aufgabe, die historische Bärentradition zu pflegen. Schließlich war der Bär untrennbar mit Berlin verbunden und es gab in der Hauptstadt nichts, was so allgegenwärtig war; siehe heute die Buddybären.
Die werbende Öffentlichkeitsarbeit war auch notwendig, da in der neuen demokratischen Republik wiederholt Kritik in Presse und Fernsehen an der „nicht artgerechten Haltung der Tiere“ geübt wurde. Es wurde beanstandet, dass der Zwinger zu klein sei. Gleichartige kritische Hinweise wurden vorher sowohl in der Nazizeit als auch in der DDR-Zeit nicht zugelassen. Tierschützer waren damals genau wie Umweltschützer unbeliebt und systemgefährdend und wurden mundtot gemacht.
Heute
Das Bezirksamt Mitte als Träger der Anlage verwies jahrelang auf Gutachten und Gespräche mit Tierschutzbeauftragten und konnte eine Schließung bis zum Ableben des letzten Bären hinausschieben. Das ist vor zwei Jahren eingetreten.
Jetzt steht das Bauwerk leer, ist abgeschlossen und macht einen trostlosen Anblick.
Was soll damit geschehen? Wie kann eine neue Nutzung ins Gespräch gebracht werden, wenn die Geschichte des Ortes noch deutlich ablesbar an den baulichen Gegebenheiten ist? Der Wassergraben zeugt von seiner früheren zwingenden Funktion, ebenso die dicken Bohlen und Absperrgitter.
Was also soll man nun damit anfangen?
Von der bezirklichen Verwaltung zündende Ideen zu erwarten, ist wohl ein frommer Wunsch. Personalknappheit und Haushaltsengpässe befördern keine Kreativität.
Ebenso wenig Hoffnung kann man in die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung setzen, die eine Planung zur denkmalgerechten Instandsetzung des Köllnischen Parks veranlasste, der unmittelbar vor ihrem Verwaltungsgebäude liegt.
Nach dreijähriger Planung wurden die fertigen Bauplanungsunterlagen 2013 in die Schubladen gelegt und die Realisierung ausgesetzt. Die Vandalismusschäden an Spolien, Brunnen und Denkmalen wie dem Herkules Denkmal und dem Wusterhausener Bär waren der Anlass für die Planung von Schutzmaßnahmen.
Allerdings war die geplante Umzäunung des gesamten Parks sehr umstritten, ebenso wurde von verschiedenen Verfahrensbeteiligten die zusätzliche Einzäunung der Museumsterrasse abgelehnt. So blieb der Park bis heute unverändert.
Der Bärenzwinger als Bestandteil des Köllnischen Parks war nicht Gegenstand der Planung. Ein Wegfall der Funktion war nicht voraus bedacht. Jetzt als Baukörper ohne Nutzung muss überlegt werden, was mit ihm geschehen könnte. Umbau und Ausbau oder Abriss und Neubau? Abriss und Vergrößerung der Parkfläche?
Jetzt könnte der Standort des Bärenzwingers ein ergänzender Gegenstand der vorhandenen Planung werden. Vielleicht ist der Leerstand auch Anlass für eine völlig neue Planung.
Doch vor allen Planungsüberlegungen sind Ideen gefragt, was hier verortet werden könnte. Wie soll mit dem Ort umgegangen werden, der berlinweit bekannt war und eine einmalige, wenn auch umstrittene, Attraktion aufzuweisen hatte.
Was könnte in der unmittelbaren Nachbarschaft des Märkischen Museums entstehen und eine Berliner Landmarke werden?
Ihre Idee kann Wirklichkeit werden
Wir fordern alle Anwohner, alle Geschichtsfreunde, alle Architekturinteressierten, überhaupt alle Berliner auf, sich mit Ideen zur Neugestaltung des Bärenzwingers zu äußern.
Bitte bringen Sie sich ein mit Ihren Vorstellungen zur zukünftigen Gestaltung und Nutzung des Ortes. Wir sollten es nicht allein den Stadtplanern in den Verwaltungen überlassen, sondern eine breite Bürgerbeteiligung einfordern. Richten Sie ihre Vorschläge an den Bürgerverein Luisenstadt oder an die Redaktion der Ecke Köpenicker.
Volker Hobrack
für den Bürgerverein Luisenstadt und die Betroffenenvertretung Nördliche Luisenstadt
Schreiben Sie Ihre Ideen einfach unten in den Kommentarbereich.
Regelmäßig 1x im Monat können Sie wichtige Themen der Luisenstadt in unserer Betroffenenvertretung mitdiskutieren – Info hier.
Teil 3
Sehr gut ist, dass das „Haus am Köllnischen Park“ und die anliegenden Gebäude gerade saniert bzw. neu errichtet werden. Damit ist auch mehr Verkehr verbunden, mehr Menschen, was vielleicht auch dazu beiträgt, dort die Objekte mehr zu schützen. Zumal es ja ein Luxusobjekt wird, was da erbaut bzw. hergestellt wird. Zuletzt noch die Anregung, die „Deutsche Stiftung Denkmalpflege“ ins Boot zu holen.
Viel Erfolg.
Teil 2
Gerade da haben wir doch eine wunderbare geschlossene Situation, das Märkische Museum, der alte Hafen, der Köllnische Park mit dem Zille-Denkmal und den anderen Zeugnissen der Geschichte. Das ganze Ensemble ist m. E. schon „rund“ und trägt sehr viel Atmosphäre. Es so zu gestalten, dass es ein touristischer Magnet wird, wäre sehr wünschenswert. Der alte Baumbestand dazu. Die Anleger der Berliner Schifffahrt. Es paßt alles zusammen.
Daher ist meine Anregung, einen möglichst großen Unterstützerkreis für dieses Objekt auf die Beine zu stellen, der auch den nötigen Druck auf das Land Berlin ausüben kann, dort etwas zu tun.
Vielen Dank für diesen sehr informativen Artikel. Ich war dieser Tage dort und habe mir die Anlage mal wieder angesehen. Es wäre bedauerlich, wenn sie nicht erhalten bliebe. Der Bärenzwinger steht auf der Denkmalliste des Landes Berlin und ist Bestandteil des Ensembles “Am Köllnischen Park”. Großes Problem dürfte sein, dass das Land Berlin leider (zumindest ist das mein Eindruck) viele Dinge erst verfallen lässt, bevor wirklich etwas passiert. Dort muß etwas passieren. In einem Artikel aus März 2016 habe ich gelesen, dass das Märkische Museum bereits abgewinkt habe. Das ist für mich unverständlich, denn der Bärenzwinger ist ein zwar großes und nicht mobiles Objekt, doch ein wesentlicher Bestandteil der Stadtgeschichte. Dass die übrigen Objekte, die dort schutzlos “herumstehen”, auch der Pflege benötigen, sei nur am Rande angemerkt.