LETZTE ÄNDERUNG am Mittwoch 14. August 2024 13:58 durch BV LuiseNord
Die Bevölkerungszahl wächst stark in Luisenstadt-Mitte und geht in Kreuzberg zurück. Ein Gefahrengut-Betrieb blockiert die Stadtentwicklung.
Die Bevölkerungsentwicklung in der Luisenstadt verläuft sehr unterschiedlich – das hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen kürzlich festgestellt.
Bei einem Vergleich der Berliner Fördergebiete im Programm “Lebendige Zentren und Quartiere” (LZQ)” stellte sich heraus, dass die Bevölkerung im Fördergebiet Luisenstadt Mitte am stärksten von allen wächst.
Mehr Wohnungsneubau im Ostteil
Das Fördergebiet Luisenstadt Mitte ist deutlich größer ist als das Sanierungsgebiet Nördliche Luisenstadt, eine Karte finden Sie hier.
Geohistorisch hängt es mit dem Kreuzberger “Fördergebiet Luisenstadt” zusammen, das sich südlich davon im Bereich zwischen Köpenicker, Man-teuffel- und Skalitzer Straße sowie dem Luisenstädtischen Kanal befindet und manchmal auch “Luisenstadt Kreuzberg” genannt wird. Hier ging die Bevölkerungszahl in den vergangenen drei Jahren deutlich zurück.
Die Senatsverwaltung sieht einen Grund dafür in einer Verringerung der durchschnittlichen Haushaltsgröße im Gebiet: Keiner gibt hier noch seine Wohnung auf, selbst wenn Kinder oder ehemalige Lebenspartner ausziehen oder Angehörige versterben.
Man hält, so lange es irgend geht, am Mietvertrag fest, weil es immer noch wesentlich günstiger ist, allein in einer großen Wohnung mit altem Mietvertrag zu leben als einen neuen Mietvertrag abzuschließen. Ganz zu schweigen von der Schwierigkeit, angesichts der Wohnungsnot überhaupt eine (kleinere) Wohnung zu finden.
Das ist aber nur der ein Teil der Erklärung. Der hauptsächliche Grund für das anhaltende Bevölkerungswachstum in der Luisenstadt Mitte ist nämlich der Wohnungsneubau, der in Mitte viel stärker ist als in Kreuzberg. Einerseits gibt es in Mitte deutlich mehr bebaubare Flächen:
Größere Areale, auf denen Wohnungsbau stattfinden könnte wie beispielsweise das ehemalige Postfuhramt oder die Brache neben der Eisfabrik gibt es in der Kreuzberger Luisenstadt fast gar nicht mehr.
In der Luisenstadt Mitte aber wurden in den vergangenen Jahren ziemlich kontinuierlich auf Brachen und Baulücken neue Wohnhäuser errichtet – und der Trend hält trotz Krise weiterhin an.
Das Phänomen lässt sich übrigens in ganz Berlin beobachten: Im Osten findet wesentlich mehr Wohnungsbau statt als im Westen und das schon seit vielen Jahren.
OTEK konserviert Bauruine
In der Luisenstadt kommt aber noch ein anderes Problem hinzu: Ein sogenannter “Seveso-Betrieb” blockiert hier den Neubau von Wohnungen vor allem in der Kreuzberger Luisenstadt:
Die Firma OTEK in der Köpenicker Straße 147. Hier werden Metalle mithilfe elektrischen Stroms beschichtet, bei der Galvanisierung kommen auch gefährliche Chemikalien zum Einsatz.
Nach der Seveso-II-Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind solche Gefahrengut-Betriebe in der Nähe von Wohngebieten eigentlich nicht zulässig. Aber die OTEK war hier schon ansässig, als die EU-Richtlinie noch gar nicht existierte und hat deshalb Bestandsschutz. Auch bereits bestehende Wohnungen in ihrer Umgebung dürfen weiter bewohnt werden.
Aber neue Wohnungen, Schulen oder Kitas dürfen in einem bestimmten Umkreis um sie herum nicht mehr errichtet werden. Alle Bestrebungen, diesen Störfall-Betrieb umzusiedeln, sind bislang gescheitert, eine Verlegung in den Gewerbepark Marzahn hat das Unternehmen abgelehnt.
Dadurch ist insbesondere die Entwicklung des Kreuzberger Spreeufers hinter der Schillingbrücke blockiert, wo am “Victoriaspeicher” auf einem landeseigenen Grundstück in größerem Umfang Wohnungsbau stattfinden könnte.
Langzeit-Ruine soll Seniorenheim weichen
In Mitte konnte die Bauruine auf dem Grundstück Köpenicker Straße 139–140 (kurz vor der Kreuzung Engeldamm, siehe folgendes Foto) über lange Zeit nicht weiterentwickelt werden.
Erst wenn der Radius des “Seveso-Kreises” um die OTEK etwas verkleinert werden kann, wäre das möglich. Entsprechende Auflagen wurden der OTEK zwar erteilt, ob der Betrieb ihnen gefolgt ist, ist aber noch nicht überprüft.
Erst wenn das geklärt ist, kann der Bezirk dem Eigentümer des Grundstückes einen beantragten Bauvorbescheid bewilligen, der hier den Bau eines Seniorenwohnheims vorsieht.
Unterdessen dient die Ruine trotz vielfacher Sicherungsmaßnahmen zahlreichen Obdachlosen als Unterschlupf. Die sind in der Bevölkerungsstatistik aber noch nicht mal mitgezählt.
Quelle: cs in der „ecke köpenicker No 3 Juni Juli 2024“
Foto oben: Ch. Eckelt
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Und es gibt weitere „ecken“ in anderen Mitte-Sanierungsgebieten