LETZTE ÄNDERUNG am Mittwoch 3. April 2024 18:33 durch BV LuiseNord
Bauprojekte oder Bauruinen? Die Krise des Büro-Immobilienmarktes erreicht auch die Nördliche Luisenstadt. Allerdings zunächst nur in Form von Bauverzögerungen.
Es gibt zwar auch eine Insolvenz, aber es sieht derzeit so aus, als ginge die glimpflich aus – ansonsten droht eine Bauruine in der Michaelkirchstraße 22–23 am Auftakt der »Mediaspree«.
Denn die »Projektentwicklung Michaelkirchstraße in Berlin GmbH« ist schon seit September 2023 insolvent. Die Tochtergesellschaft des Düsseldorfer Projektentwicklers Development Partner AG wollte auf dem 5.500 Quadratmeter großen Grundstück an der Michaelkirchbrücke das neue Gebäude-Ensemble »Elements« errichten.
Das Projekt sieht vier Bauteile vor, drei davon mit rund 15.000 Quadratmetern für Büronutzung, ein viertes mit rund 5.000 Quadratmetern für Wohnungen, rund ein Drittel davon für soziale Wohnprojekte.
Der Tagesspiegel erklärt im Januar den Weg in die Insolvenz folgendermaßen: »In den Monaten zwischen der Planung und der Vergabe von Gewerken sind Kosten wie auch Zinsen deutlich angestiegen: Die Umsetzungskosten lagen nach Unternehmensangaben aufgrund dieser Entwicklungen hinsichtlich der Bau- und Baunebenkosten rund dreißig Prozent und in Bezug auf die Gesamtkosten rund 25 Prozent über der kalkulierten Summe.«
Der Rohbau mit neun Obergeschossen steht unmittelbar vor der Fertigstellung und soll nach unseren Informationen auf jeden Fall abgeschlossen werden. Das Insolvenzverfahren habe danach gute Erfolgschancen, denn für die Büros stehe bereits ein Käufer aus der Medienbranche bereit. Allerdings gibt es da wohl noch einen Unsicherheitsfaktor, denn ansonsten wäre die Insolvenz ja überflüssig.
Neben den stark angestiegenen Bau- und Baunebenkosten machen der Bauwirtschaft auch die allgemeine Zinserhöhung und die deshalb sprunghaft gestiegenen Finanzierungskosten zu schaffen. Speziell bei Gewerbeimmobilien kommt dazu auch noch eine starke Zurückhaltung der Banken.
Denn die Nachfrage nach Büroflächen geht zu-rück, weil immer mehr Beschäftigte seit der Pandemie in Home-Office arbeiten. In den USA sind kleinere Banken bereits zusammengebrochen, auch in Deutschland brach der Aktienkurs der Deutschen Pfandbriefbank, die in den USA sehr aktiv ist, zuletzt drastisch ein.
Bundesweit kam es im vergangenen Jahr dem Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) zufolge zum größten je gemessenen Preisrückgang bei Gewerbeimmobilien.
Im vierten Quartal 2023 lagen die Preise um gut 12 Prozent unter denen des Vorjahres und zu 4,9 Prozent unter denen des Vorquartals. In Berlin ist die Lage etwas stabiler. Zwar arbeiten auch hier inzwischen immer mehr Berufstätige zumindest zeit-weise in Homeoffice.
Gleichzeitig erhöht sich aber die Gesamtzahl der Erwerbstätigen deutlich stärker als im Bundesdurchschnitt: Im vergangenen Jahr nahm in Berlin die Anzahl der Erwerbstätigen um 1,6% zu, in Deutschland durchschnittlich nur um 0,7 %. Nur in Hamburg wuchs die Zahl noch etwas schneller als in Berlin.
Dennoch ist die Nachfrage nach Büroimmobilien in Berlin schwächer, als von der Immobilienwirtschaft noch vor wenigen Jahren angenommen wurde. Diese Projekte sind aber derzeit im Bau, weil für die Konzeption, Planung, Genehmigung, Finanzierung und Bauvorbereitung immer mehrere Jahre vergehen.
Dazu gehört in der Nördlichen Luisenstadt auch das ehemalige Postfuhramt zwischen der Köpenicker Straße 132 und der Melchiorstraße.
Hier errichtet ein irischer Investor neben Büros auch insgesamt 195 Wohnungen sowie Räume für Einzelhandel und gastronomische Einrichtungen, Ausstellungsflächen, eine Kita und eine kleine Tief-garage.
Die Bauarbeiten sind schon im Gange, verzögern sich aber, wie im Sanierungsbeirat der Nördlichen Luisenstadt bekannt wurde. Bleibt es dabei, wäre das freilich ein glimpflicher Ausgang der Immobilienkrise.
Gemischte Projekte wie das Postfuhramt mit einem nicht nur symbolischen Anteil an Wohnungen sind in solchen Zeiten wirtschaftlich deutlich stabiler als reine oder weit überwiegende Gewerbeprojekte. Auch bei Wohnimmobilien gingen bundesweit die Verkaufspreise zwar deutlich zurück – aber nur um 6,1 Prozent binnen Jahresfrist, also nur halb so viel wie die der Gewerbeimmobilien.
Und die Aussichten auf Markterholung sind nach der Ansicht des Verbandes der Pfandbriefbanken deutlich besser.
cs
Quelle: „ecke köpenicker No 1 Februar März 2024“
Foto oben: Ch. Eckelt
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