LETZTE ÄNDERUNG am Mittwoch 27. Januar 2016 15:57 durch
Die beiden Teile der Luisenstadt verblieben auch im vereinigten Berlin unter getrennten Verwaltungen von Mitte und Kreuzberg. Außer den archäologischen Freilegungen der verschieden Kanalabschnitte tat sich in den 90er Jahren bauseitig fast gar nichts.
Die ehemals grenznahen Straßenzüge waren zwar schnell wieder verbunden, doch ergab sich daraus kein gemeinsames Stadtquartier. Kreuzberger Anwohner waren weiterhin auf die Oranienstraße als Einkaufs- und Unterhaltungsmeile orientiert und in der nördlichen Luisenstadt wurden die Köpenicker und die Heinrich-Heine-Straße /Brückenstraße zu hochfrequentierten Durchgangsstraßen.
Die letzten Industriebetriebe an der Spree wurden stillgelegt und die Büroplattenbauten an der Köpenicker Straße leergezogen. Die Stadtplanungsämter beider Seiten behandelten ihre Luisenstadtgebiete stiefmütterlich, d.h. Bebauungspläne wurden zu den Akten gelegt.
Die langsam steigende Nachfrage nach Wohnbauten im stark kriegszerstörten nördlichen Teil der Luisenstadt ließ sich mit Baugenehmigungen nach § 34 des Baugesetzbuches begegnen. So entstanden die Randbebauung am Engelbecken und die Wohngebäude in den sogenannten Annenhöfen.
Das 1998 vom Senat vorgelegte “Planwerk Innenstadt” machte um die Luisenstadt einen weiten Bogen. Die jeweiligen Gartenstädte H-Heine-Viertel in Mitte und die Otto-Suhr-Siedlung in Kreuzberg wurden für unantastbar erklärt, obwohl sie als Stadtrandsiedlungen des geteilten Berlins zuerst eine übergeordnete Planung erforderlich gemacht hätten.
Die vorgesehene “Planwerkstatt Luisenstadt” scheiterte dann 2001 folgerichtig an der grundsätzlichen Ablehnung der Kreuzberger Verwaltung. Die Schon- und Wartezeit der nördlichen Luisenstadt setzte sich bis 2009 fort. Einzige Ausnahme war der Bau der Gewerkschaftszentrale von Ver.di unmittelbar an der Schillingbrücke. Historische Grundstücksgrenzen und -Gebäudegrößen blieben unbeachtet und es entstand eine riesige Baumasse als Dominante an der Spree.
Nachbarschaftsbezüge wie Fluchtlinien, Traufhöhen oder Abstandsflächen brauchten nicht berücksichtigt werden in einer Brache ähnlichen Umgebung. Geschichtsverständnis von der Bauverwaltung zu erwarten, war auch illusorisch angesichts fehlender Bauinvestitionen.
Erst ab 2009 bemerkten die kommunalen Verwaltungen das Defizit an Planungsvorlauf, als die Nachfrage nach Wohnungsbauprojekten sprunghaft anstieg. Gefragt waren vor allem Grundstücke in Wasserlage, bei denen oberdrein die verkehrlichen Anschlüsse wie von selbst durch die Köpenicker Straße gegeben waren.
Auch auf Kreuzberger Seite wurden inzwischen die Möglichkeiten der städtebaulichen Entwicklungen in Zentrumsnähe erkannt. Der Rahmen für diesbezügliche Untersuchungen wurde mit dem gemeinsamen Planwerk INSEK für den Stadtraum von der Spree bis zur Oranienstraße definiert. Infrastrukturelle Maßnahmen sollten für eine harmonische Entwicklung beiderseits des Luisenstädtischen Kanals vorbereitet werden.
Leider blieb dieser Planungsansatz nach zwei Jahren auf Kreuzberger Seite stecken. Nur in Mitte verfolgten Bezirk und Senat die Planungen weiter.
Die Betroffenenvertretung des Sanierungsgebietes “Nördliche Luisenstadt”